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Tun, ohne zu tun

Tun, ohne zu tun

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Unser Alltag führt uns oft automatisch und unfreiwillig in das Gefühl des „beschäftigt seins“. Notwendigkeiten des Lebens, Verpflichtungen aus Familie und Arbeit oder Anforderungen aus dem Lebensumfeld führen zu einer ständigen Aktivität und Routine. Und obwohl wir uns viele Tätigkeiten selbst ausgesucht haben und wir sie auch oft gerne tun, kommt doch häufig eine Stimmung des Zuviels auf. Wir scheinen in einem Hamsterrad zu stecken, das sich nicht anhalten lässt. Wir finden in dem „noch dieses oder jenes tun“ keine Ruhe mehr und die Aufgabenlisten werden über die Zeit immer länger. Das gilt oft auch da, wo spirituelle Selbstfindung, Meditation oder Yoga zu einer Aufgabe wird, die man unbedingt noch erledigen will. 
So reihen wir die im Grunde positiven Aktivitäten als neue Elemente in unser Hamsterrad ein und freuen uns darüber, dass sie für Momente das Gefühl der Hast aus unserem Leben entfernen. Wenn wir allerdings zu uns selbst finden wollen, dann müssen wir das Hamsterrad anhalten. Nicht nur für Momente, sondern grundsätzlich.  Sich nicht ständig zu beschäftigen, ist für die meisten von uns fremd und ungewohnt. Wir merken oft schon gar nicht mehr, wie weit wir uns von unserem Lebenssinn entfernt haben. Wird uns das bewusst, würden wir uns liebend gerne verbessern und produktiver, schöner, schlauer, mitfühlender, gesünder und erfolgreicher werden. Und noch so einiges mehr.
Wir glauben, wir müssten uns dafür noch mehr anstrengen, mehr arbeiten, mehr kaufen, noch mehr Verpflichtungen erfüllen oder noch mehr glauben, damit wir endlich glücklich sind. Wir beschäftigen uns so weiterhin damit, unseren Ängsten zu entfliehen oder sie vermeintlich in Schach zu halten.
Diese Lebensweise erzeugt Stress und macht uns krank. Wir selbst berauben uns dabei unserer kostbaren Lebenszeit. Wir halten uns von den Dingen ab, die wirklich Bedeutung haben und Freude in unser Leben bringen könnten.

Damit aber Glück, Freude und Gelassenheit in unser Leben treten können, müssen wir aufhören dem stets flimmernden Film unseres Lebens fasziniert zuzusehen und den Kinosaal verlassen, der seit Ewigkeiten unsere Heimat war. Wir müssen uns fragen, wie dieser Film entstanden ist, wer sein Drehbuch schrieb und wer der aktuelle Regisseur ist. Dazu müssen wir durch die Tür des Kinosaals  gehen und in die Welt außerhalb des Kinos einzutreten. Doch ist diese „Welt da draußen“ für uns unsere innere Welt. Das Tor in unsere innere Welt lässt sich grob mit „Meditation und Konzentration“ umschreiben. Mit diesen beiden Komponenten schaffen wir Abstand zwischen uns und dem was abläuft. So können wir überhaupt erst den Film erkennen und welche Reaktionen er in uns auslöst. Meditation bringt uns in einen wachen Zustand, in dem wir unseren Lebensfilm noch immer sehen, aber uns bereits auch als Zuschauer erkennen, die ganz in der Handlung des Films gefangen sind. Sie wird in uns eine Kraft wecken, die uns erlaubt den Kinosaal zu verlassen, auch wenn es uns schwer fällt aus dem Sog des Films herauszukommen. Müssen wir doch alles zurücklassen, was wir lieben und gegen eine abgrundtiefe Unwissenheit eintauschen.

Tue gar nichts

Indem wir zum Zuschauer unseres Alltags werden, lösen wir uns allmählich aus den Verwicklungen unserer Gefühle und obwohl wir weiterhin von früh bis spät beschäftigt sind, gelingt es uns deutlich häufiger, in eine stabile innere Ruhe zu kommen. Das intellektuelle Karussell wird geerdet und ausgerichtet, Intuition und Herzensweisheit wachsen und besiegen die verbleibenden Zweifel.

Bitte nimm dir einen kurzen Moment Zeit und beobachten dich nun bei der Anweisung:
Tue gar nichts!  Was ist deine erste Reaktion?

Unverständnis, Langeweile, Verärgerung, Angst, Erheiterung?

Warte einen Augenblick und atme ein paarmal tief durch.

Und nun nimm die Anweisung „Tue gar nichts!“ mit deinem Herzen wahr.
Was spürst du?
Erkennst du einen Unterschied in der Wahrnehmung.
Um diesen feinen Unterschied geht es dabei. „Tue gar nichts!“ bedeutet nicht, dass du der Welt entsagen sollst und buchstäblich nichts mehr tust.  Es bedeutet vielmehr: Tue etwas nicht, weil du ein Ergebnis erwartest. Aber vor allem tue nichts, ohne im Augenblick anwesend zu sein. „Tue gar nichts“ ist eine Anweisung für uns, dass es weder etwas zu erreichen noch zu gewinnen und auch nichts zu handeln gibt. Es gibt keinen Weg um Glück, Zufriedenheit oder Frieden durch aktives Tun zu erreichen. Jede Aktivität auf ein Ziel hin, steht dem Empfinden unserer Ganzheit im Weg. Wir können das alles nur selbst sein, ohne Grund, ohne Bedingung und ohne Erwartung. Wenn wir Glück, Zufriedenheit und Frieden in jedem Augenblick empfinden, dann erscheint eine stille Freude im Herzen ein, die wir selbst niemals machen könnten.

Natürlich verfallen wir immer wieder darin, „den Film des Alltags“ ernst zu nehmen und uns damit zu identifizieren. Wir pendeln dann zwischen Faszination und Erkenntnis. Mit den Jahren der Übung wird jedoch alles immer klarer: Wir erkennen, wann wir im Film verloren gehen und wann wir das Kino verlassen haben. Wir erkennen, dass jeder Augenblick im Leben in aller Tiefe spirituell ist. Das gibt uns immer mehr Kraft, um dem Kino fernzubleiben. So entsteht aus der Ruhe des Herzens ein neuer Sinn für unser Dasein.  Indem wir akzeptieren, dass jeder Augenblick genauso sein muss, wie er ist, erreichen wir Frieden mit uns selbst. Auch dann, wenn dieser Augenblick alles andere als schön oder erstrebenswert erscheint. Legen wir unsere Bewertungen beiseite und betrachten den Moment, die Situation oder die Nachricht neutral, fangen wir an zu verstehen. Unsere Gefühle können uns dann die Erkenntnis des Augenblicks nicht mehr nehmen. Dann haben wir den Weg gefunden, der uns die Freiheit gibt ins Kino zu gehen und aus vollen Zügen als Zuschauer die Faszination des Films zu genießen oder der Weisheit des Herzens zu folgen und keinen oder einen neuen Film einzulegen. 

Die Weisheit unseres Herzens

Ich habe oft Menschen vorgeschlagen, Meditation in ihr Leben zu integrieren, und habe immer wieder gehört: „Ja das wäre schön, aber dafür habe ich keine Zeit“, „Das schaffe ich mit meinen Terminen nicht“ oder „das lässt mein Job nicht zu“. Wenn sich dann körperliche oder seelische Leiden eingestellt haben, wurde regelmäßig der Terminplan geändert und die richtigen Prioritäten gesetzt.
Uns selbst wichtig und ernst zu nehmen, fällt uns meistens sehr schwer. Wobei es uns selten an Einsicht fehlt. Wir wissen nämlich, was wir tun müssten, um aus den Problemkreisen herauszukommen, die sich um uns ausbreiten. Aber wir versuchen es weiterhin auf die gewohnte Art und Weise, anstatt unsere Verpflichtungen zu reduzieren und langsamer zu werden. Erst wenn das Geprassel der weltlichen Ablenkungen aus unserer Erlebnissphäre verbannt ist, lernen wir uns selbst kennen und lieben.
Und nur, wenn wir uns selbst zu lieben gelernt haben, sind wir fähig auch andere und die Welt in jedem Augenblick zu lieben. Nur mit der Weisheit unseres Herzens lassen sich Entscheidungen treffen, die uns dauerhaften Sinn, Zufriedenheit und Freude in unserem Leben geben. Dann brauchen wir keine Affirmationen zur Wunscherfüllung, keine Formeln zur Erzeugung bestimmter Situationen oder Gebete mehr, denn das größere System, Alles-Was-Ist oder Gott, kennt unseren Lebensplan und was wir wollen und brauchen, bevor wir überhaupt darüber nachdenken. Alle unsere sehnlichsten Wünsche sind längst bekannt. Allein unser Desinteresse an der Wirklichkeit verhindert, dass sie wahr werden.

Es geht aber nicht darum der Welt zu entsagen oder sich von ihr abzuwenden. Im Gegenteil geht es darum, die Chancen zu nutzen, die jede Lebenssituation zur Bewusstwerdung mitbringt. Es geht darum die spirituellen Kräfte zu wecken, die dafür sorgen, dass Harmonie und Liebe im Moment spürbar werden. Meditation bringt Dinge in Bewegung, ohne dass wir dazu etwas tun müssten. Sie setzt die Kräfte und Wünsche des Herzens frei, die jeder von uns mit auf die Welt gebracht hat. Ganz ohne Anstrengung und ohne zu verurteilen verändert sie unsere Realität im Kleinen wie im Großen.
Einfach durch Tun, ohne zu tun.

 

Allesliebe

Hans